Bildungsgerechtigkeit – eine volkswirtschaftliche Chance im Wert von jährlich 30 Milliarden Franken

Zürich - Bis zu 14’000 sozial benachteiligte Jugendliche werden jedes Jahr nicht ihrem Potential entsprechend ausgebildet. Dadurch entgeht der Schweizer Wirtschaft pro Jahr Wertschöpfung von bis zu 30 Milliarden Franken. Dies zeigt die Studie «Bildungsgerechtigkeit – eine Chance für die Schweizer Wirtschaft», welche die Strategie-beratung Oliver Wyman, unterstützt von der Allianz Chance+ für gerechte Bildungschancen, durchgeführt hat. Notwendig ist eine nationale Initiative von Bildungsinstitutionen, Wirtschaft und Politik, um inländische Talente besser zu fördern, den Fachkräftemangel zu entschärfen und die Position der Schweiz im internationalen Standortwettbewerb zu stärken.

Das Thema Fachkräftemangel steht weit oben auf der politischen und wirtschaftlichen Agenda. Neue Technologien und die Verschärfung des Standortwettbewerbs verlangen zunehmend nach herausragenden Talenten, deren Verfügbarkeit für den Wirtschaftsstandort Schweiz unerlässlich ist. Deshalb gilt es, hiesige junge Talente zu identifizieren und zu fördern, unabhängig von ihren sozioökonomischen Verhältnissen.

Die Studie hat zum Ziel, die volkswirtschaftlichen Chancen der Mobilisierung von Jugendlichen aus «bildungsfernen» Familien – einem grossen, aber häufig vernachlässigten Talentpool – zu quantifizieren und nachhaltige Lösungsansätze abzuleiten, wie diese Talente entlang ihrer Bildungsbiographie gezielt gefördert werden können. Die Studie umfasst eine für die Schweiz erstmalige, umfangreiche Quantifizierung des volkswirtschaftlichen Potentials von verbesserter Bildungsgerechtigkeit. Diese wird ergänzt mit rund zwei Dutzend Tiefeninterviews mit Top Executives führender Unternehmen und renommierten Bildungsexperten sowie einer breit angelegten Umfrage unter Jugendlichen über die Hürden auf ihrem Lern- und Berufsweg.

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Der Schweizer Volkswirtschaft entgeht durch den nicht ausgeschöpften Talentpool jährlich Wertschöpfung von bis zu 30 Milliarden Franken.
  • Bis 2035 fehlen der Schweizer Wirtschaft ca. 300’000 Fachkräfte. Das bisher ausgeschöpfte Talentpotential reicht nicht aus, den Bedarf an (hochqualifizierten) Fachkräften zu decken. Die Identifizierung und Förderung bisher vernachlässigter Talente ist daher für den Wirtschaftsstandort Schweiz unerlässlich.
  • Jedes Jahr werden bis zu 14’000 sozial benachteiligte Jugendliche nicht ihrem Potential entsprechend ausgebildet. Zentralen Einfluss auf den Bildungsverlauf von Jugendlichen und junge Erwachsene hat der sozioökonomische Status der Eltern, und zwar auf jeder Bildungsstufe. Sozial selektive Muster zeigen sich vor allem beim Eintritt in die hochschwelligen Ausbildungen der Sek-1- und der Sek-2-Stufe. Bei gleicher Leistung schaffen dies benachteiligte Jugendliche weniger häufig als privilegierte Mitschülerinnen und -mitschüler.
  • Die Weichen werden zu früh gestellt: Bereits beim Übertritt von der Primarschule in die Sek 1 beeinträchtigen strukturelle Hürden den Werdegang von Jugendlichen. Danach sind die Chancen gering, in ein höheres Schulniveau aufzusteigen.
  • Der Bildungsverlauf sozial benachteiligter Jugendlicher wird massgeblich beeinflusst durch informelle Hürden wie Informationsdefizite, finanzieller Druck, fehlende Vorbilder und mangelhafte Unterstützung in der Ausbildungs- und Berufswahl – und nicht durch ihre Leistungen oder Bildungsaspirationen.

Lösungsansätze aus der Wirtschaft und Bildung

Der Schweizer Talentpool muss dringend bestmöglich entwickelt werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dafür sind Initiativen im Schulterschluss zwischen Bildungssystem, Politik und Wirtschaft notwendig. Die Mobilisierung des inländischen Talentpools erfordert ein Bündel von Massnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern:

  • Von Wirtschaftsseite angeregt werden die systematischere Identifikation von Talenten, der Aufbau von innovativen Betriebs- und Branchenakademien, aktivere Förderung der Berufsmatura, Schaffung von qualifizierten Stellen für Werkstudent:innen, Aufbau gemeinsamer dualer Lehrgänge von Unternehmen und Hochschulen sowie neue Finanzierungsmodelle.
  • Von Bildungsseite genannt werden sprachliche Frühförderung von Kindern nicht-deutscher Muttersprache, spätere Selektion, Förderung der Durchlässigkeit auf Sekundarstufe 1, Sensibilisierung der Lehrkräfte für leistungsfremde Hürden sozial benachteiligter Jugendlicher, langfristiges Mentoring sowie Pairing mit Vorbildern höherer Bildungsstufen.

Joris D’Incà, Managing Partner Oliver Wyman Schweiz: «Es muss ein Paradigmenwechsel stattfinden. Förderung statt Selektion ist das Konzept der Zukunft. Zugang und Entwicklung eines breiten Talentpools sind der Schlüssel, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern, denn die Situation wird sich aufgrund der demografischen Entwicklung weiter verschärfen.»

Jürg Schoch, Präsident der Allianz Chance+: «Die Berechnungen von Oliver Wyman zeigen eindrücklich, dass die Förderung von leistungsfähigen und leistungswilligen Jugendlichen aus benachteiligten Familien aus wirtschaftlicher Sicht ein absolutes Muss ist und sich buchstäblich für alle auszahlt.»

 

Über Oliver Wyman 

Oliver Wyman ist ein international führendes Strategieberatungsunternehmen mit weltweit über 6’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in mehr als 70 Büros in 30 Ländern. Wir verbinden ausgeprägte Branchenexpertise mit hoher Methodenkompetenz bei Digitalisierung, Strategieentwicklung, Risikomanagement, Operations und Transformation. Wir schaffen einen Mehrwert für den Kunden, der seine Investitionen um ein Vielfaches übertrifft. Oliver Wyman ist ein Unternehmen von Marsh McLennan (NYSE: MMC). Weitere Informationen finden Sie unter oliverwyman.ch. Folgen Sie Oliver Wyman auf Twitter.

 

Über Allianz Chance+ 

Die Allianz Chance+ tritt für gerechte Bildungschancen im Jugendalter ein. Sie will das Praxiswissen aus ihren Förderprojekten mit Erkenntnissen aus der soziologischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung kombinieren und daraus Handlungsempfehlungen für Schulpraxis und Bildungspolitik ableiten. 

 

Die ausführlichen Studienergebnisse: Bildungsgerechtigkeit – eine ungenutzte Chance für die Schweizer Wirtschaft

Medienkontakt
Oliver Wyman
Susanne Eisenegger
E-Mail: susanne.eisenegger@oliverwyman.com
Tel.: +41 79 543 47 81

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