Der Schweizer Detailhandelsmarkt ist im Wandel. Während einige Aspekte wie die Suche nach günstigeren Preisen oder der «Einkaufstourismus» nicht neu sind, verändert die zunehmende Verlagerung der Umsätze in Richtung Online die Handelslandschaft stark. Eine repräsentative Studie von Oliver Wyman in Zusammenarbeit mit der Swiss Retail Federation über alle Segmente des Detailhandels hinweg zeigt: Omnichannel-Ansätze zählen zu den wichtigsten Veränderungen.
Obwohl immer noch 61 Prozent der Verbraucher hauptsächlich im Laden einkaufen, haben die Onlinewelt sowie die nahtlose Kombination von Online und Offline an Popularität gewonnen – und werden bereits von 39 Prozent der Verbraucher vorwiegend genutzt (vgl. Abbildung 1). In einigen Segmenten sind Verbraucher, die hauptsächlich Läden besuchen, nur noch in der Minderheit.
Abbildung 1: Nutzung von Onlineangeboten nach Segment
Quelle: Oliver Wyman Zukunft von Retail, 2019
Omnichannel verspricht auf den ersten Blick große Chancen für den stationären Handel: Verbraucher, die über verschiedene Kanäle bedient werden, sind im Durchschnitt nicht nur zufriedener, sondern geben auch mehr aus. Diese Marktveränderungen stellen Händler, die den richtigen Ansatz aufbauen und erfolgreich betreiben sollen, allerdings auch vor große Herausforderungen.
Der Einkauf im Laden erfreut sich zunächst einiger Vorteile, die zum Teil segmentspezifisch sind: die persönliche Beratung im Laden, die nicht einfach zu ersetzen ist; die Möglichkeit, Produkte auszuwählen oder zu probieren, die nach wie vor erwünscht und geschätzt ist; oder die Inspiration, die Geschäfte im Unterschied zu Onlineshops bieten. Demgegenüber bietet der Onlinekauf erwartungsgemäß Vorteile über die Segmente hinweg: mehr Auswahl, bequemerer Einkauf und in der Regel bessere Preise.
Wie können Detailhändler in einem transparenteren Markt gewinnen, in dem die Kunden einfacher vergleichen und leichter zu anderen Wettbewerbern wechseln können als je zuvor? Zum einen bestehen noch Lücken zwischen dem, was die Händler anbieten, und dem, was die Kunden sich wünschen. Anbieter, die diese Lücke schließen, haben einen starken Wettbewerbsvorteil. Den Studienergebnissen zufolge gilt dies insbesondere für die Abrufbarkeit von Informationen über QR-Codes sowie für die Möglichkeit der Lieferung nach Hause und der Abholung an Pick-up-Stationen. VIP-Vorteile sind ebenfalls von Interesse (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2: Welche Services bei Kunden punkten
Quelle: Oliver Wyman Zukunft von Retail, 2019
Zum anderen erwarten die Kunden mehr Flexibilität. Im Lebensmitteleinzelhandel etwa bleiben Qualität und Frische für die Kunden von größter Bedeutung. Sie wünschen sich aber auch mehr Flexibilität beim Kauf von Artikeln wie beispielsweise rezeptfreien Medikamenten, die heute in Supermärkten noch schwer zu finden sind.
Die Möglichkeit, bestimmte Artikel zu mieten, bietet Kunden bei Elektronik, Baumarkt- und Gartenbedarf ebenfalls mehr Flexibilität und weniger Verpflichtungen – insbesondere bei Artikeln, die seltener oder teurer im Gebrauch sind. Bei Bekleidung und Schuhen erfreut sich der Wiederverkauf steigender Beliebtheit. Dadurch wird auch das Bedürfnis vieler Kunden nach mehr Nachhaltigkeit erfüllt.
Auf der Wunschliste der Verbraucher steht zudem die Personalisierung – vor allem bei Bekleidung und Schuhen, Sportartikeln (zum Beispiel maßgeschneiderten Sportschuhen) oder Parfümerie und Kosmetik (wie individualisierten Körperpflegeartikeln). Diese Beispiele zeigen: Die Zukunft gehört Händlern, die nicht nur Omnichannel-Anbieter sind, sondern echte Ökosysteme aufbauen.
Um den dramatischen Strukturwandel im Schweizer Detailhandel besser zu verstehen, hat Oliver Wyman zusammen mit der Swiss Retail Federation Tausende Konsumenten zu ihrem Einkaufsverhalten und ihrer Einkaufszufriedenheit befragt. Die Erkenntnisse der Studie wurden im Rahmen des 80-jährigen Jubiläums der Swiss Retail Federation im Mai 2019 präsentiert.